Christopher Barth
Zu Besuch in Rheinhessen, genauer gesagt Alzey, bei Winzer Christopher Barth, auf einem kleinen Weingut wie aus dem Bilderbuch – selbst jetzt schon, obwohl noch in akuter Renovierung befindlich. Das 2017 von Christopher gekaufte Anwesen wurde um 1900 gebaut, hat viele kleine Räume, und beim Kauf kaputte Dächer. Mit seinem guten Freund und Mitarbeiter Benedikt Orthwein wird Stück für Stück renoviert, soweit es die andere Arbeit erlaubt. Mittlerweile wurden mehrere kleine Kellerräume mit wunderbar gepflegten, gebrauchten Weinfässern aus französischer Eiche, einem Halbstückfass des letzten aktiven Küfers in Rheinhessen, und Edelstahltanks bestückt. Die kleinen Räume im Wohnhaus wurden zusammengelegt, und nun lässt es sich mit einem Holzfeuerofen, und ein paar schönen einzelnen Möbelstücken, auch schon sehr gut vorstellen, dass sich hier einmal die feinen Naturweine präsentieren werden, und auch ein kleines Büro seinen Platz findet. Gewohnt wird woanders, Christopher Barth ist bereits Familienvater, und sagt ganz ehrlich, dass es ein großer Luxus für sie ist, zum einen als Familie genug Raum zu haben, und zum anderen für ihn persönlich, tatsächlich nach der Arbeit das Tor schließen und Abstand bekommen zu können.
Christopher und Benedikt machen alles zu zweit, sie bewirtschaften circa 7 ha Land, an drei unterschiedlichen, aber nah voneinander gelegenen Standorten. Christopher drückt das selbst so aus: „Kein Opa, kein Papa, und bis jetzt keine Saisonarbeiter“, soll heißen keine ausbeuterischen Arbeitsverhältnisse. Diese Transparenz ist ihm wichtig, und wir finden, dass er zu Recht stolz sein kann, auf die klaren Arbeitsverhältnisse, die er etabliert hat. Auch wenn er das selbst nie so raushängen lassen würde.
Christopher hat – wie fast alle ‚unsere‘ Winzer*innen – in Geisenheim studiert, mehrere Jahre bei Kollegen gearbeitet, ist aber ein Quereinsteiger. Auch das ist durchaus nicht untypisch für die jüngere Generation Winzer*innen im Bereich Naturwein. Zunächst für Siemens, und die IT der Firma seiner Mutter tätig, gab ihm der Tod des Onkels, und die Entscheidung seine Weinberge zu übernehmen, dann den entscheidenden Anstoß ganz zu wechseln, und den Weinbau zu seinem Hauptberuf zu machen.
Die von seinem Weingut hauptsächlich gepflegte Rebsorte ist Riesling, die auf circa einem Drittel der Gesamtfläche kultiviert wird. Weitere Lieblingssorten von Christopher sind Silvaner, Chardonnay und der Sauvignon Blanc. Das schmeckt man im Glas! Wir freuen uns sehr über diese geschmackliche Bereicherung in unserem Portfolio, die wir dadurch in Aussicht stellen können. Zudem gibt es ungefähr 16 weitere Sorten, unter anderem Frühburgunder, der eine natürliche Mutation von Spätburgunder ist. Frühburgunder wird – daher der Name – schneller reif, hat kleinere Trauben, und bringt generell niedrigere Erträge, dafür ist er dem Spätburgunder geschmacklich sogar überlegen.
Alle Trauben, und damit natürlich auch die Weine, sind nach den Richtlinien von demeter erzeugt - das Weingut Barth ist seit 2020 Mitglied bei demeter und entsprechend zertifiziert. Schon seit 2019 waren sie komplett auf biologische Landwirtschaft umgestellt. Die biologisch-dynamische Fortführung dieses Weges ist nicht dem puren Glauben an die Philosophie geschuldet, sondern schlicht der Tatsache, dass bei der Verkostung von anderen Weinen immer diejenigen, deren Hersteller*innen schon `bio-dyn‘ machten, interessanter schmeckten. Das überzeugte dann letztlich auch Christopher. Zudem meint er verschmitzt, schadet es sowieso nicht, rege zu bleiben, und sich neue Herausforderungen zu suchen. Alles für immer nach einem Schema zu machen, ist definitiv nicht sein Ding.
Auf einem Spaziergang durch Christophers Weinberge kann man nicht nur sehen und fühlen, wie gut es dem Boden geht, sondern auch die eine oder andere Versteinerung finden, denn das heutige Gebiet von Rheinhessen war im Tertiär von einem Meer bedeckt. Damals lagerten sich Tone und Sande ab, später auch Kalke. Christopher zeigt uns eine versteinerte Auster. Er kann aber auch noch auf eine andere Besonderheit verweisen: den Melaphyr.
In seiner Premiumlage ist dieses feinkörnige, dunkle, manchmal auch rötlich gefärbte Gestein zu finden, das vulkanischen Ursprungs ist. Uns begeistert besonders die alte Trockenmauer am Rande eines abschüssigen Weinbergs, unsere Hündin ist fasziniert von den Kaninchenhöhlen, die sich daran entlangziehen.
Die Weine tragen übrigens so lustige Namen wie „Zwei Zimmer, Küche, Barth“ - eine Cuvée von maischevergorenen und direkt gepressten Weinen, die sich aktuell aus circa 60% Weissburgunder, 20 % Sauvignon Blanc, und 20 % Müller-Thurgau zusammensetzt. Oder auch „Rot vom Grün“, ein Rotwein mit Spät- und Grauburgunder-Trauben von der historischen Lage „Auf dem Grün“. Für seinen Rosé paart Christopher Portugieser-Trauben, die mit Rappen für 24h auf der Maische standen, mit direkt gepressten Frühburgunder-Trauben. Dass die Weine des Weinguts Barth noch ein Geheimtipp sind, liegt an Corona. Als sie richtig loslegen hätten können, und gerne ihre Weine präsentiert hätten, mussten Weinmessen und andere Events abgesagt werden, und Austausch und Verbreitung von Neuheiten konnten nicht auf dem gewohnten Weg stattfinden. Wir sind ganz sicher, dass sich ihre Weine so oder so ihren Weg bahnen werden!
Stephanie Hanel